Wer viel Obst ernten will, der sollte sich eine Hochleistungspflanze auswählen. Denn die Fruchtfülle
ist nicht unerheblich davon abhängig, wie stark das Gehölz auch versorgt werden kann. Diese
Versorgung gelangt über Wurzeln und Stamm in die Krone. Und das ist denn auch schon der Grund,
weshalb man da für beide Teile des Baumes unterschiedliche Pflanzen auswählt.
Was bedeutet 'veredeln' überhaupt?
Veredlung ist eine Form der vegetativen Vermehrung, die vor allem für Gehölze genutzt wird. Seit der
Antike werden dabei der Unterteil der Pflanze (Unterlage), also Wurzeln, Stamm oder beides, mit
einem oder mehreren Zweigen (Edelreis) oder einem Edelauge so verbunden, dass sie zusammenwachsen.
Die aufgesetzen Teile bilden dann durch das Wachstum z.B. eine Krone mit den Eigenschaften des
Edelreises aus. Auf diese Weise kann man schneller bestimmte, beliebte Sorten produzieren, die sonst
durch Aussaat vermehrt würden und sehr viel länger bräuchten, um sich groß zu wachsen.
Bei Veredlungen handelt es sich dementsprechend um Klone, die über die exakt gleichen Eigenschaften
der Mutterpflanze verfügen.
Was kann veredelt werden?
Anwendung findet dieses Verfahren besonders Obstgehölzen, also Stein- und Kernobst, aber auch
Beerenobst, aber auch bei besonders beliebten Ziergehölzen, z.B. bei Rose, Flieder oder Zierkirsche.
Schon länger machbar aber erst in den letzten Jahren häufiger auf dem Markt zu finden: die Veredlung
von Gemüse.
Es gibt also eigentlich keine Grenzen, allerdings lassen sich nahe Verwandte (Art vor Gattung vor
Familie) am sichersten zusammenführen. Es gibt schließlich auch Paarungen, die nicht gut
funktionieren. Diese Kombinationen werden von Baumschulen auch nicht durchgeführt, denn die Pflanzen
sterben nach kurzer Zeit ab, verwachsen nicht gut oder erbringen auf andere Weise nicht den
erhofften Erfolg. Es können nämlich nicht einfach beliebige Pflanzengattungen miteinander verbunden
werden, sie passen genetisch nicht zusammen und die Leitungsbahnen und das Kambium wachsen nicht
zusammen. Das Kambium befindet sich zwischen Rinde und Holz und ist für das Dickenwachstum
zuständig, daher funktioniert das Zusammenwachsen überhaupt erst. Wenn denn alles paßt.
Wie wird veredelt?
Kopulation
Dabei werden Trieb und Unterlage schräg angeschnitten und die Schnittflächen so ausgeformt,
dass sie in Länge und Umfang deckungsgleich aufeinanderpassen. Die beiden Teile werden dann
auch so aufeinandergelegt und mit einem Veredlungsband in passender Breite zusammengehalten
und mit Baumwachs gegen Umwelteinflüsse und Schädlinge geschützt. Am besten geschieht dies
vor der neuen Vegetationsperiode, also im Spätwinter oder zeitigem Frühjahr. Neben einem
scharfen
Kopulationsmesser oder einer Hippe werden
Baumwachs und
Veredlungsband/Bast
benötigt. Obst- und Ziergehölze werden so sicher und schnell vermehrt.
Pfropfung
Deutlich aufwendiger ist dann auch schon das Propfen. Dabei werden schmale Edelreise auf
eine umfangsstärkere Unterlage veredelt, also in eine geschnitzte Kerbe unter die Rinde oder
in einen Spalt im Stamm. Die Veredlungsstelle ist überdeutlich zu erkennen, verwächst sich
aber mit den Jahren. Auch hier werden Veredlungsband und Baumwachs zum Fixieren und Schützen
eingesetzt. Der Mai ist der perfekte Monat für diese Methode. Auch hier werden ein scharfes
Messer zum Beispiel eine Hippe,
Baumwachs und
Veredlungsband/Bast
benötigt.
Obst- und Ziergehölze, Kakteen, Weinreben werden so vermehrt.
Okulation
Besonders feinmotorisch muss man beim Okulieren vorgehen, hierbei werden nur die ruhenden
Knospen aus der Rinde herausgeschnitten und mithilfe eines T- Schnittes durch genau
zugerichtete Augen einer anderen Pflanze ersetzt. Die noch frische Wunde wird mit Bast oder
einem Okulationsschnellschluss fixiert, weil es sich aber nur um einen kleinen Eingriff
handelt kann diese Methode problemlos in der Vegetationsphase stattfinden, dann treiben die
neuen Augen auch bald aus. Ein
Okuliermesser ist nötig, dazu passende
Okulationsschnellverschlüsse.
Kirschen und Rosen werden sehr erfolgreich durch Okualtion vermehrt.
Welche Edelreiser und Edelaugen können verwendet werden?
Es gibt vor der Veredlung einiges zu bedenken. Zum Beispiel sollten die von Obstbäumen an
frostfreien Tagen im Winter geschnitten werden und anschließend gelagert werden. Natürlich wird nur
gesundes Material ausgewählt, einjährige, bleistiftstarke Triebe sollten es sein. Im dunklen, kühlen
Keller bleiben die Edelreiser frisch, man kann sie in feuchte Tücher einschlagen oder in feuchten
Sand stecken.
Ruhende Augen für die Okulation hingegen werden einfach frisch aus dem Spendermaterial ausgelöst,
das erfordert keine Vorbereitung und Planung. Rosen und Kirschen verfügen außerdem von Haus aus über
sehr viel ruhende Augen, daher ist das Auffinden von Knospen für die Veredlung kein großer Aufwand.
Welche Edelreiser und Edelaugen können verwendet werden?
Unterlagen sind natürlich herangezogene Pflanzen, die dann in der benötigten Höhe eingekürzt werden.
So werden Fusstämmchen, Buschbäume, Halb- und Hochstämme unterschieden und das allein anhand ihrer
Stammhöhe. Es gibt aber auch reine Wurzelunterlagen, für die der Heister tatsächlich ebenerdig
eingekürzt wird, damit sich die draufveredelte Pflanze eine naturnahe Wuchsform entwickeln kann.
Weiterhin werden die Unterlagen nach ihrer Wüchsigkeit unterschieden, denn es gibt schwach-,
mittelschwach- und starkwachsende Pflanzen, die als Unterlage für die neue Konstruktion gewählt
werden. Das sind bei Obstgehölzen, Rosen und Gemüsen stets Sämlinge von Wildformen der Pflanzen. Die
Wuchsstärke sollte gut mit den Eigenschaften der Krone und der gewünschten Wuchsform abgestimmt
sein. Ebenfalls wird mit der Unterlage stark auch der zu erwartende Ertrag festgelegt.
Wichtig dabei ist zu bedenken, dass sich die einmal eingekürzte Stammlänge in der Höhe nicht mehr
verändert, d.h. es findet kein Längenwachstum, sondern nur noch Dickenwachstum statt. Eine 150cm
hohe Unterlage wird niemals ein Hochstamm werden können.
Was passt zusammen?
Die Unterlage muss, wie bereits erwähnt, genetisch zum Edelreis passen. Über die Jahrhunderte haben
sich einige Sämlinge mit besonders günstigen Eigenschaften hervorgetan und wurden isoliert und durch
Stecklinge vermehrt, sie tragen so technische Typennamen wie M27, Quitte A und Gisela5. Das klingt
zwar nicht besonders romantisch, spricht aber für den wissenschaftlichen Umgang mit dem Thema
Veredlung. Im Folgenden die beliebtesten Unterlagen den jeweiligen Obstarten zugeordnet: